„Wir müssen jetzt handeln“
Am 21. April 2022 um 19:00 Uhr veranstaltete der Wirtschaftsclub Bamberg in Kooperation mit der IHK Oberfranken Bayreuth aus seiner Reihe „Bamberger Runde“ eine zweistündige Podiumsdiskussion mit dem Titel „Der Ukraine-Konflikt und seine Folgen“, um mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik vor allem über die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges auf die Bamberger Region zu diskutieren. Veranstaltungsort war die Dr. Pfleger Arzneimittel GmbH in Bamberg.
Die sechs Podiumsteilnehmer waren Lisa Badum (MdB, Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Michael Fiedeldey (Geschäftsführer der Stadtwerke Bamberg), Simon Moritz (Politologe), Annemarie Rudel (Kreisvorsitzende des Handelsverbandes Bayern) und Dr. Michael Waasner (Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth). „Wir haben eine gute Mischung an Meinungsbildnern aus Wirtschaft und Politik eingeladen, denn sie alle konnten aus ihrem täglichen Geschäft berichten, wie heftig die Folgen des Krieges für die Region sind und wie wir am besten damit umgehen können und sollen“, so Moderator Prof. Dr. Claus-Christian Carbon.
Carbon startete in den Abend mit der Einschätzung, dass für viele Menschen der Krieg weit weg sei, wodurch leicht verdrängt wird, was da passiere. Es sei damit nicht getan, dass die Menschen ab und an 50 Euro spenden und dann wieder den Sommerurlaub planen. „Die Tage habe ich eine Meldung gelesen, dass der Krieg uns in den nächsten Jahren 600 Milliarden Euro kosten wird. Auch wenn das vielleicht hoch gegriffen ist – aber wir werden uns in vielerlei Hinsicht deutlich einschränken müssen und kürzertreten.“
In seinem Impulsvortrag berichtete Dr. Michael Fiedeldey, Geschäftsführer der Stadtwerke Bamberg, über die Auswirkungen des Krieges auf die Energieversorgung. Er zeigte auf, dass Wohlstand immer in direkter Beziehung zum Energiebedarf stünde. „Wie abhängig wir von Russland sind, zeigen die Zahlen, denn 55 Prozent der deutschen Gasversorgung kommt aus Russland“, so Dr. Fiedeldey. Und um auf alternative und erneuerbare Energien (Stichwort Dekarbonisierung) umzustellen, bräuchten wir 230 Jahre.
„Uns fehlt die Zeit“, ist auch das, was Dr. Michael Waasner, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth bemängelte. Wenn es im Herbst zu einer Energiemangelbedarfslage käme, könnten wir diese nicht selbstständig stemmen. Besonders in der Industrie gibt es bei den Rohstoffpreisen und den Lieferketten Probleme. „89 Prozent unserer Mitglieder bei der IHK rechnen mit höheren Energiekosten“, sagte Dr. Waasner. Er sieht Lösungen in den Preiserhöhungen, Ausbau der erneuerbaren Energien, aber auch Personalanpassungen.
Aus der Politik ließ Lisa Badum, MdB Bündnis 90/Die Grünen, verlauten, dass Energiepolitik mittlerweile auch Sicherheitspolitik sei. „1973 haben wir entschieden, von Russland zu importieren und 2014 haben wir den größten Gasspeicher an die russische Firma Gazprom verkauft. Wir müssen kurzfristig andere Energieträger finden, um uns von solchen Diktaturen unabhängig zu machen.“ Laut Badum müsse die Energiewende beschleunigt werden und nicht nur im Handel und der Industrie, sondern auch in den Privathaushalten.
Einen authentischen Blick aus dem Handel lieferte Annemarie Rudel, Kreisvorsitzende des Handelsverbandes Bayern, aber auch Marktchefin REWE-Markt Rudel in Bamberg. Sie habe bereits eine Umfrage im Handel durchgeführt und zeigte auf, warum Umsatz und Besucherfrequenz im Handel zurückgingen: „Der Krieg macht Angst bei den Menschen, wodurch sie sparen, was wiederum einen Umsatzrückgang zur Folge hat.“ Sie wünsche sich, dass die Industrie nicht einfach die Preiserhöhungen an den Handel weiterreiche. Außerdem müsse das Selbstversorgersystem wieder ausgebaut werden. „Früher hatten wir 500 Gärtnereien in Bamberg, jetzt sind es nur noch 15!“
Der Politologe Simon Moritz glaube nicht, dass die Krise in einigen Monaten vorbei sei und man wieder zur Tagesordnung gehen könne: „Wir steuern leider auf eine globale Konfrontation zwischen den demokratischen und autoritären Staaten zu.“ Für ihn sei wichtig, dass nicht nur der Westen sein Verhalten verändert, sondern auch Russland dazu gebracht wird, sich zu verändern. Was ihm fehle, sei eine intensivere Diskussion wie bei Corona über stützende Maßnahmen durch die Bundesregierung. Lisa Badum zeigte daraufhin auf, wie schnell die Bundesregierung bereits ins Handeln gekommen ist.
Gegen Ende der Veranstaltung hatten die über 70 Teilnehmer noch die Gelegenheit, Fragen ans Podium zu stellen. Allen Diskussionsteilnehmern waren sich einig, dass die Welt vor einer Zeitenwende stehe und jetzt gehandelt werden müsse.
Die Teilnahme an der Veranstaltung war kostenfrei, Spenden gingen direkt an den ukrainischen Verein Bamberg:UA.
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